Reflexionen zu Gesundheit

Kreativität und Gesundheit
Wie der Bildhauer mit dem Meissel und die Sprache mit Worten
das Sagbare vortreiben gegen das Geheimnis
so nähern auch wir uns dem Geheimnis unserer Kreativität an
im Wunsch - es von allem Sagbaren zu befreien.

Das Geheimnis unserer Kreativität ist für mich auch das Geheimnis unserer Gesundheit.

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Anteilnahme und Einfühlungsvermögen sind ganz wörtlich zu nehmen:
Sie beschreiben den Anteil an Welt, den wir in uns drin wahrnehmen.

Unser Gefühl für die Aussenwelt zeigt sich im Gefühl für uns selbst. Wo wir uns fühlen, können wir Andere fühlen. Unser Mitgefühl für die Welt zeigt sich in dem Ausmass, in dem wir die äussere Welt verinnerlicht haben. 
Unsere Fähigkeit zum Mitgefühl entspricht der Welt, die wir in uns tragen, und in uns fühlen.
Je mehr Welt wir geworden sind, desto mehr Welt können wir fühlen. 

Da wo wir uns fühlen - da fühlen wir die Welt. Wir sind eine Art Resonanzkörper, Klangkörper. Je mehr Klang wir in uns erleben und erzeugen, desto voller erleben wir die Klänge und emotionalen Schwingungen eines anderen Menschen - in uns drin. Alles Erleben findet in uns statt. Wo wir nicht mitschwingen können, haben wir noch kein Bewusstsein aufgefächert. Da sind unsere Saiten noch verklebt, nicht frei. Und was wir nicht (mit-)fühlen können, haben wir noch nicht integriert.

Mit dem Prozess des Welt-Anverwandelns schaffen wir neben dem Mitgefühl auch Freiheit. Was wir in uns aufnehmen, das befreien wir in die Selbstständigkeit unseres Gegenübers zurück. In seine Eigen-Befähigung. 
Je mehr Anteile wir in uns wahrnehmen und fühlen, desto befreiter und fähiger (selbstermächtigter) kann sich unser Gegenüber fühlen, weil wir ihn nicht mit unseren nicht integrierten Anteilen belasten, besetzen und in unsere Welt einnehmen. Wir lassen ihn in seiner eigenen Welt, in seiner eigenen Welt-Erfahrung. 
Je mehr wir die Aussenwelt von unseren Anteilen befreien, und diese stattdessen in uns fühlen, desto unbelasteter kann unser Gegenüber aus sich heraus in seine eigene wachsende Stabilität gelangen, und damit selbst mehr Welt aneignen. Wir unterstützen uns gegenseitig, immer mehr Welt zu werden. Lebendigkeit zu werden. Und uns aus unseren inneren Welten heraus jeweils selbst zu nähren. 

Da wo wir uns fühlen - da können wir die Welt fühlen. Hier liegt Intimität.
Je näher wir in Fühlung mit dem Leben kommen - desto intimer wird das Empfinden. Leben erleben ist das vielleicht Intimste. Weil wir ganz auf Tuchfühlung mit uns selbst/dem Leben/dem Unaussprechlichen selbst kommen.
Das Leben wird wieder Leben. Und die Welt wird wieder Welt. Mit jeder Integration ein Stück mehr. 

Intimität taucht da auf, wo sich die Welt als Welt erfährt. Oder das Leben als Leben sich selbst erlebt, in all seinen Facetten, die wieder zusammengefunden haben. 

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Lebendigkeit, Kreativität und Liebe sind eine Frage der Sicherheit
Je mehr Sicherheit ich erlebe, desto freier kann ich leben, kreieren und lieben.
Das Fundament des Coachings ist Ihr Sicherheitsempfinden.
Heilung beginnt mit Stabilität, Vertrauen und Sicherheit.

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Sicherheit ist für mich das Fundament des Coachings und des Heilungsprozesses
Sicherheit ist der Boden der Freiheit.
Auf welchem ein gesundes Selbst heranwachsen kann.

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Schmerz ist wie fruchtbarste Erde
aus der das Gold dieser Welt erwächst.

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Da, wo die Erde bricht

da bricht das Leben durch
und spricht.

Nicht über den Baum, sondern als Baum
nicht über das Licht, sondern als Licht.
und nicht über die Farben, 
sondern als Farben. 
Nicht über das Menschsein, 
sondern als Mensch.

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Geistesgegenwart und Mitgefühl
Seelische, Geistige, und Körperliche Sicherheit sind der tragende und nährende Boden einer gesunden Entwicklung

Idealerweise erfahren wir als Kind seelische Sicherheit
wenn wir erleben, dass alles, was wir fühlen, willkommen ist und auf
ein offenes Herz trifft, das uns fühlen kann.
Und geistige Sicherheit, wenn wir erleben, dass Menschen
freien Geistes genug sind, um sich unseren Gedanken zu widmen.
Und körperliche Sicherheit, wenn wir erfahren, dass die Grenzen und Bedürfnisse unseres Körpers wahrgenommen,
geschätzt und geachtetet werden.

Das Schöne ist, dass wir diese Sicherheit nachreifen lassen können, als Erwachsene,
wenn wir sie nicht haben genug ausbilden können, auf allen Ebenen. 
Dafür ist Begleitung hilfreich.
Wir lernen dann als Erwachsene, was es heisst, wenn
unser Gegenüber mit uns in Kontakt bleibt - seelisch, geistig und körperlich -
wenn wir uns mitteilen.

Wir machen die Erfahrung, dass unser Gegenüber bei uns/das heisst bei sich bleibt,
Präsent, im Gefühl und im Geist, im Leib da bleibt. Er kann sich fühlen, und fühlt damit uns. Das ist dieses Mitfühlen. Sich selbst fühlen, damit das Gegenüber in sich selbst gefühlt werden kann. 

Wir erleben, dass wir mit unseren bis anhin scheinbar unzumutbaren, unerträglichen oder nicht mitteilbaren Gedanken, Gefühlen, Bedürfnissen und Grenzen da sein dürfen.

Ohne dass unser Gegenüber überfordert ist, hart wird, uns drängt, keine Zeit hat, unsere Ängste klein redet,
nervös wird, wütend, Angst hat vor unseren (seinen) Gefühlen, den Raum verlässt, uns verlässt,
uns ignoriert, angreift, bedroht, verurteilt, abwinkt, oder schweigt.

Unser Gegenüber bleibt. - Das kann eine tief transformierende Erfahrung sein.
Wir erfahren, dass Nähe und Kontakt keine Gefahr mehr bedeuten. 
Sondern, dass ich sicher bin, wenn ich ich bin.


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Wir wollen gehalten - nicht geheilt werden
Our wounds don't want to be healed - they want to be held
Healing is not removing something we don't know how to be with - which only means more separation. 
Healing is widening our ability to hold, so that we become able to include, welcome and integrate the painful parts.
Healing is the process of reunion.  

Unsere Wunden wollen gehalten - nicht geheilt werden.
Wir wollen als Menschen ganz gehört - gesehen - anerkannt werden, nicht korrigiert werden.
Es sind die Würde, Ganzheit und Selbstwirksamkeit - die wir durch das Trauma verlieren -
und die gilt es wieder wachsen zu lassen, in gesunder, nährender Beziehung.

Die Würde, Ganzheit und Selbstwirksamkeit sind der Hintergrund und die Struktur des heilenden Prozesses.

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Unter der Linde
Das Herzwurzelsystem der Linde und ihre leere Mitte: Inspiration aus der Natur

Die Linde hat zwei schöne Besonderheiten.
Eines davon ist ihr Herzwurzelsystem. Meist bilden Bäume entweder tiefe Wurzeln aus, oder solche, die oberflächlicher liegen und dafür in die Weite gehen. Tiefwurzler oder Flachwurzler. Bei der Linde spricht man von einem Herzwurzelsystem. Sie kombiniert beides miteinander. Ihre Verwurzelung sowohl in die Tiefe wie auch in die Weite ermöglicht ihr eine noch stärkere Verankerung in der Erde, eine grössere Stabilität bei Stürmen, und eine bessere Nährstoff- und Wasseraufnahme aus tiefen wie auch oberflächennahen Bodenschichten.

Das zweite ist leere Mitte. Im höheren Alter treibt die Linde sogar innerhalb ihres Kerns neue Wurzeln aus. Oftmals ist der Kern hart - weil die Linde jedoch bis zu tausend Jahre alt werden kann, und die alten Zellen in ihrem Kern zerfallen, ermöglicht ihr der hohle Kern - die Leere in ihrer Mitte - von Innen heraus neu zu wachsen. Sie treibt aus ihren Ästen im Innern neue feinste Wurzeln aus - welche dann im Innern des Stammes in Richtung Erde wachsen und so auch im hohem Alter für eine stabile Verwurzelung sorgen.

Ist das nicht wahrhafte Verjüngung? Von Innen heraus Neu zu wachsen. Die Linde zeigt, wie sie Stabilität durch ihre innere Kraft gewinnt. Und mir gefällt das Bild eines Herzwurzelsystems und der Blick auf das Herz als Zentrum unserer Stabilität, aus dem Herzwurzeln wachsen, und in die Tiefe und Weite reichen. In alle Dimensionen hinaus - hinein - wachsen.

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Gesundheit als Hingabe
im Leben wie im Sterben. Gesundheit als offene Hand.

Kreativität entsteht aus unserer Mitte. Wenn wir mehr und mehr in ein Gleichgewicht finden zwischen Handeln und Nicht Handeln, Denken und Nicht Denken.
Wenn wir ein Gespür entwickeln für das lebendige Mass - wie wir unsere entspannenden, abwartenden, innerlich unbewusst arbeitenden, gewährenden, empfangenden, offenen und ungerichteten Fähigkeiten mit unseren handelnden, ausführenden, ausgerichteten, entscheidungswilligen Aspekten ausbalancieren können. Wenn wir bildhaftes, grenzenloses, freies, intuitives Schaffen mit fokussiertem, selektivem und klar strukturiertem Arbeiten kombinieren können. Wenn wir Präzision und Ambivalenz anstreben.
Diese Ganzheit von beiden Qualitätsfeldern lässt Raum, dass die noch sehr zarten Ideensamen Wurzeln ausbilden können, geschützt vor zu früher Strukturierung, Licht und Urteil - und sie gibt Kraft und Stärke, zu rechter Zeit die gereiften Ideen in die Tat umzusetzen, sichtbar werden zu lassen. Jede Wachstumsphase hat ihre eigenen Qualitäten und Zeitphasen.

Diesem inneren Gleichgewicht von seinen eigenen sich ergänzenden Fähigkeiten nachzugehen und die Wachstumsprozesse des kreativen Sterben und Auflebens in sich nachzuspüren und nachzuvollziehen ist mir ein Ansporn - für ein gesundes Erleben:
Die Kreativität, unseren Lebensstrom, - unsere Natur - in uns immer intimer zu spüren, ist für mich ein Weg in eine ganzheitliche Gesundheit.

Bei all den äusseren Aufgaben und Herausforderungen ist es nicht immer einfach, unsere Natur, unsere innere Stimme wahrzunehmen, und einen eigenen Ausdruck - unsere eigenen Antworten - auf das Leben zu finden.
Das frische, spontane und inspirierte, von alten Gewohnheiten befreite Handeln ist unsere ureigenste und gleichzeitig am engsten mit der Welt verbundene Gestaltung, weil sie auf den Moment eingeht, und aus ihm heraus erwächst.
Verantwortung kommt von antworten. Hinhören, und dann antworten. Leben als Antwort geben, als Verantworten. Wir verankern uns mit unseren eigenen Antworten, verweben uns mit unserer Ant-Wort, unserem Wort in die Welt hinein. Werden tätig, auf unsere eigene Art und Weise. 

Es ist, als hätte sich ein Grossteil der Menschen und die Natur in zwei separate Flüsse verzweigt - sie gleiten nebeneinander durch die Landschaft - und haben vergessen, dass sie aus derselben Quelle stammen. Der eine Fluss liegt eingebettet im Kanal - der andere Fluss schwelgt frei mäandrierend und Raum einnehmend. Am Ende wartet das Meer und verschlingt beide wieder. 
Gesundheit ist für mich - immer mehr unserer inneren Natur zuzuhören.
Gesundheit ist die Fähigkeit, Zuzuhören. Hierin öffnet sich Intimität, eine Verbundenheit mit dem Leben.
Sich selbst zuzuhören - Unserer Natur, die weiss, wann etwas Altes sterben und gehen muss, damit sie etwas Neuem, noch nie Dagewesenem Platz machen kann. Gesundheit ist Sterben und Leben können.

Gesundheit ist Sterben und Leben. 

Die Weisheit - Beides zu kennen. 

Leben im Sterben und Sterben im Leben - hierin liegt Intimität, wenn wir beides ineinander verwoben erleben. 

Gesundheit ist das Gleichgewicht von Sterben und Leben - und das Gleichgewicht ist mehr als das Sterben und Leben selbst - es ist auch das Sterben innerhalb des Lebens und das Leben innerhalb des Sterbens. Die zwei ineinanderverwobenen Prozesse tragen und fördern sich gegenseitig. Leben und Sterben sind eine Art Rad - als wären sie zwei sich gegenseitig und das Rad tragende Aspekte - wie die Speichen, die die Flüssigkeit und Form des Kreises stabilisieren und garantieren. Das Rad des Grossen Lebens antreiben. 
Das Sterben bietet sich dem Leben an und das Leben bietet sich dem Sterben an. 

Gesundheit ist Hingabe. Sich dem Sterben und Leben als offene Hand anbieten.
Sich selbst dem Anderen als offene Hand anbieten. Als Speichen innerhalb desselben Rades.
Gesundheit ist eine offene Hand.

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Gesundheit als innere Erfahrung
Gesundheit ist für mich eine individuelle Erfahrung, ein inneres Erleben. Jeder Mensch hat seine eigene Auffassung von Gesundheit - und das macht für mich gerade die Gesundheit aus:
Jedes Individuum trägt die Entscheidungshoheit über sich selbst, sein Denken und Wollen.
Was uns gesund macht und unsere Gesundheit ausmacht, ist unsere Macht, über uns selbst zu entscheiden und zu urteilen, was wir als Gesundheit für uns anerkennen wollen. Es gibt keine Instanz ausserhalb von uns, die uns sagen kann, ob wir gesund oder nicht gesund sind. Weil die Gesundheit uns als ganzen Mensch betrifft, ausmacht. Sie betrifft unser Alles. Der Körper ist ein Teil davon. Wer oder was könnte diese Entscheidung über uns treffen? Es geht gar nicht. Seine Macht über sich selbst zurückerobert zu haben - das ist meine Ansicht von Gesundheit. Sein Ganzsein anerkannt zu haben. 

Jeder Mensch hat seine eigene persönliche Wegleitung. Das ist unser eigenes Denken und Wollen. Was denke ich darüber, und was will ich für mich?
Für mich ist das eigene Denken und eigene Wollen zu entwickeln der Weg der Gesundheit.
Zur inneren Erfahrung zu finden, zur in uns wohnenden Weisheit, die unseren Weg weist. Es ist eben gerade auch diese Selbstverantwortung, unser Denken und Wollen kennen zu lernen und zu entwickeln, die Teil der Gesundheit ist. Uns kennen zu lernen, ist sowohl genesend wie auch die Gesundheit selbst. Weg und Ziel in einem. Alle Fragen und alles Suchen nach der Gesundheit sind daher individuell: Weil Gesundheit gerade dies ist, was sie zu ihr weist: unsere Eigenständigkeit.
Je mehr ich mich als Individuum erfahre, desto mehr nehme ich mich auch als Ganzes wahr - als Ungeteiltes. 
Ich handle dann immer mehr aus tiefstem eigenen Willen, geführt durch unser erinnertes Denken.

Gesundheit ist SelbstSein. Ganz sein. Ganzheit heisst, die Macht, seine eigene Macht wieder in sich aufgenommen zu haben - sich rund zu wissen- weil ich meinen eigenen Kreislauf - meine Taten in mir spüre, meine Worte in mir spüre, meine Konsequenzen in mir tragen kann - ich trage mich selbst - heisst ich bin in mir drin in einem Kreislauf. Ich führe mich selbst. Ich höre mich und ich antworte mir. Ich bin in einem runden Kreislauf. Es fliesst.
Sich von sich führen lassen, als wären wir die Strahlen einer Sonne, die alle in eine eigene Richtung sich verteilen und wie das Licht sich überall hinaus verstreuen wollen.
Um dann aus der Unendlichkeit wieder auf den Kern zurück zu schauen,
in die Mitte zu blicken, in unser Herz.

Das Individuelle wird dann auch wieder das Verbindende sein.
Wo sich die Gesundheit wieder in der Mitte trifft. Und das Kollektive und Individuelle wieder zusammenkommt.

Der Weg ist gerade - dieses zutiefst 'würdige Wesen des eigenständigen Menschseins' in Erfahrung zu bringen. 

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Die Lösung von inneren ungelösten Konflikten im Individuellen schafft eine zukunftsführende Konfliktfähigkeit auch für die Gemeinschaft
Ein reguliertes Nervensystem ist die Basis für eine gesunde Kommunikations- und Konfliktfähigkeit

Die Lösung unserer inneren ungelösten Konflikte (und damit einhergehend eine Regulation unseres Nervensystems) ist Friedensarbeit im Individuellen wie auch im Kollektiven.
- Weil es unsere Fähigkeit zur Kommunikation - zum Zuhören - und unsere Fähigkeit in Kontakt zu treten - verfeinert.
- Weil das eigene Sicherheitsempfinden, (die Gewissheit eines nicht verletzbaren Selbstwertes, Kerns), die Basis für eine gesunde Kommunikation und Konfliktfähigkeit ist und ganzheitliche Sicherheit auch eine Sicherheit ist, die bis zum Nervensystem durchgedrungen und verleiblicht worden ist.

Denn nur in Sicherheit sind wir in der Gegenwart verankert und können daher aus der Gegenwart - das heisst - frei zuhören und antworten. Auf die jeweilige Situation adäquat antworten. Souverän und dem Inhalt angemessen.
Wenn wir um unseren innersten Kern wissen, um unseren Selbstwert, der unantastbar ist - dann sind wir bereit, uns berühren zu lassen. Und Berührung ist Begegnung - hier hören wir einander zu und antworten - auf die Gegenwart des Gegenübers - aus unserer Gegenwart heraus. Wir wollen dann hören, was dieser wirklich sagt. Wir interessieren uns. Wir haben die Kapazität, auch uns entgegengesetzte Meinungen anzuhören, mit Respekt und ganzem Gehör. Es gibt keine Angst mehr, dass wir uns, unsere Integrität, Kompetenz, unseren Ruf, unsere Werte, irgendetwas, an das wir uns festhielten, verlieren, wenn wir uns der Meinung anderer Menschen - dem Inneren von anderen Menschen öffnen. Wir haben in uns selbst unseren fremden Seiten die Hand gereicht, sodass wir auch Andersdenkenden die Hand reichen können. Gerade wenn diese eine uns ganz konträre Meinung, für uns fremde oder neue Werte und Denkweisen angenommen haben.
Weil wir uns sehen, hinter unseren Gedanken und Gefühlen, können wir den Mensch sehen, der vor uns steht. Hinter seinen Meinungen, Gedanken, den Menschen hinter seinen Zielen.
Wir sehen, dass jemand der schreit - gehört werden will. Es ist natürlich sehr individuell, und trotzdem sind wir uns Menschen ähnlicher in unseren Bedürfnissen, in der Tiefe.
Wenn wir diese tiefen Bedürnisse erkennen - können wir dem Anderen das gewähren - was er braucht. Wir erkennen die Bedürfnisse und den Menschen hinter den dramatischen Szenen. Wir erkennen die Bühne, den Vorhang, und die Masken und Kostüme. Wir sehen die Zuschauer, das Rampenlicht, die Tontechnik, die Eintrittspreise, Wir sehen das Spiel.
Sobald wir der Unterscheidung bewusst geworden sind - was Theater und was Leben ist - hat das Theater seine Intensität verloren. Seine Kraft. Seine Macht über uns. Die Erde ist stabiler als die Bühne. Und langlebiger.
Viele Konflikte werden nicht bewusst und bedacht zwischen souveränen, offenen Menschen geführt, sondern geschehen, oft von unbewussten emotionalen Vorgängen gesteuert, zwischen dysregulierten Nervensystemen. Zwischen Menschen, deren Nervensysteme in der Vergangenheit hängengeblieben sind, in Verhaltensmustern gefangen sind anstatt aus einem bewussten aus der Gegenwart handelnden Selbst.
Viele Konflikte werden auf der Bühne ausgetragen - anstatt auf dem Grund.
Kleinigkeiten können grosse Emotionen auslösen, die nicht primär mit der gegenwärtigen Situation zu tun haben, sondern unsere ungelösten Ängste und Themen aus der eigenen Vergangenheit reaktivieren und zum Vorschein bringen. Scheinbar harmlose Streitigkeiten treffen tiefe ungelöste Wunden.
Die Bühne zeigt die Vergangenheit.
Diese Art von 'Kommunikation' dreht sich um Recht haben wollen, sich Durchsetzen, Überzeugen, Kränken, Verletzen, Angreifen, Sich verteidigen, Konflikt vermeiden, weglaufen - alles Reaktionen aus einem dysregulierten Nervensystem, welches bei Überforderung in das erlernte Muster von Kampf, Flucht oder Erstarrung verfällt.
Das Diskussionsthema bleibt nicht eine Sache, die wir in Ruhe diskutieren können, sondern wird zu einem persönlichen Wiederholungsmuster innerer ungeklärter Konflikte. Es kann emotional und körperlich so intensiv werden und existentielle Ängste und Emotionen hervorrufen, wenn Traumata im Spiel sind, und wir nicht merken, dass das Unbewusste uns in dem Moment in der Hand hat.
Das Unbewusste regiert auf der Bühne. Es ist unser Regisseur - und wir handeln - von unseren Emotionen geführt.
Dann wird aus der Diskussion ein Drama. Und die Beteiligten sind sich dessen nicht bewusst, wenn sie die psychologischen Prozesse nicht erkennen, oder mit der Schattenarbeit nicht vertraut sind.
Die Lösung für mehr Konfliktfähigkeit - Kommunikationsfähigkeit - liegt in der individuellen Auflösung und Aufarbeitung seiner Vergangenheit. Im Bewusstwerden seiner eigenen bis anhin unbewussten Anteile, die sein Ich steuern, die sein Verhalten in Streit- oder Verhandlungssituationen unbemerkt kontrollieren.
Wollen wir uns von unserem Unterbewussten steuern lassen? Von unserem Nervensystem, von Affekten leiten lassen - in Gesprächen? Oder wollen wir die Verantwortung für uns übernehmen, für ein bewusstes und bedachtes Handeln, Denken und Fühlen.
Die Verantwortung für unsere innere Ausgeglichenheit ist kein idealistisches Ziel - es ist unsere Basis für eine konstruktive Beziehungs- und Kommunikationsfähigkeit.
Um in Konflikten souverän und konstruktiv, der Sache angemessen antworten zu können, brauchen wir ein gesundes Selbst, das in der Gegenwart verankert ist. Ein Selbst, das sich so weit von seiner Vergangenheit gelöst hat - dass es sich nicht mehr von seinen alten Wunden leiten lässt. Ein gesundes freies Selbst, das die Sache vom Selbst unterscheiden kann. Ein Selbst, das die Verhandlungsthemen nicht persönlich nimmt. Mit 'persönlich' spreche ich vom Widerstand in uns, welcher uns hart und eng werden lässt und die Ansicht unseres Gegenübers nicht dasein lassen kann, eine Art Knoten in uns, der eng gezogen ist und unsere Freiheit, alles erstmal in Ruhe anzuhören und als einen validen Standpunkt eines anderen Menschen anzuerkennen, stockt. Die Freiheit, unsere Freiheit gerät ins Stocken. Sie ist eingeknotet. Wir aktivieren den Knoten in uns, weil wir durch die Aussage des Gegenübers an etwas erinnert werden, was wir nicht ausgehalten haben, erleben wollten. Es berührt unseren Knoten, unseren Schmerzpunkt. Wenn wir den Knoten erkennen, die Gründe für unsere Ablehnung, unseren Widerstand sehen, die Intelligenz in unserem Organismus anerkennen lernen, die in Notsituationen Knoten knüpft - die also das Leben, das Licht (unser ganzes Bewusstsein) daran hindert - durch die Bereiche im Körper durchzufliessen - es ist wie wenn auch die Zeit darin verknüpft wird (Knoten ist Vergangenheit - verknüpfte Energie - sie, die Intelligenz verknüpft die Zeit und die Energie zusammen - dass es nicht mehr fliesst - dass es uns nicht mehr schmerzt. Diese Widerstände in uns, die dienend waren - wenn sie denn ausgedient haben, und wir die Bereitschaft haben, dass der Schmerz gefühlt werden kann - dann öffnet sich der Organismus und wir spüren wieder wie die Energie, der Atem, die Liebe durch die engen Stellen, die Knoten hindurchströmt. Wir spüren die emotionalen Schmerzen deshalb auch körperlich in den betroffenen Stellen. Diese Öffnung nenne ich das befreien der 'ich' Knoten. Der  Widerstände, die ihren Dienst getan haben. Das Licht kann wieder durch den Organismus fliessen. Die Information kann wieder durch den Menschen hindurch fliessen. Der Mensch erkennt wieder seine Grösse. In der sein Gegenüber wieder Platz findet und dasein darf, so wie er ist, denkt und fühlt, ohne dass uns dies Knoten in uns aktivieren und zusammenziehen lässt.

Ich sehe drei Schwerpunkte, die dafür notwendig sind. Im Prinzip ist alles dasselbe - aber vielleicht mögen es drei Ansichten einer selben Sache sein. Drei Annäherungsversuche, das Ziel zu veranschaulichen.
- Das Erreichen der Gegenwart: Aus der Gegenwart heraus handle ich frei, ohne meine mitgetragenen Lasten, und unbewussten Schutzmechanismen, die mich aus dem Affekt handeln lassen. Aus der Gegenwart heraus kann ich sehen - um was es hier wirklich geht. Ich kann die Sache sehen. Ich kann den Menschen sehen. Ich kann unterscheiden - was ist das Verhandlungsthema - was sind die Gedanken - was sind die Gefühle - was ist der Mensch. Wir können sehen. Heisst wir können differenzieren. Wenn wir Vergangenes mit uns tragen, haben wir eine Vermischung aller Ebenen in uns, die uns verhindert, klar zu sehen. Zu unterscheiden. Klare Unterscheidungsfähigkeit ist eine Bedingung für eine differenzierte Entscheidung, die dem Thema und den Menschen gerecht wird.

- Das Erreichen eines Standpunktes, von dem aus ich keine Angst mehr haben muss, etwas zu verlieren im Streit: Ich habe die Angst abgegeben, dass ich etwas verteidigen muss, durchsetzen muss, als ob mein Ruf, meine Karriere, meine Integrität daran hängt - als ob mein Leben - meine Identität - mein Ich an dieser Sache hängt.
Ich habe meine falsche Identifikation mit der Sache aufgegeben.
Ich habe erkannt - dass 'Ich' nicht die Sache bin, über die wir diskutieren. Ich habe mich von der Sache gelöst. Ich habe erkannt, dass ich jenseits alles Geschehens, aller Entscheidungen, aller Meinungen, aller Gedanken und Gefühle, jenseits aller Erfahrung im Leben bin. Ich habe erkannt, dass ich bin. Ich habe die Gewissheit, dass ich bin. Das ist meine Sicherheit. Ich bin - das genügt. Ich bin - das ist Leben genug. Da kann im Aussen noch so viel passieren. Ich bin bei mir. Bei mir liegt meine Macht. Alles andere kann ich nicht kontrollieren - aber wie und ob ich darauf reagiere, antworte, das kann ICH entscheiden.
Hier ist mein Wesenskern. Da bin ich in meiner Mitte.
Und wenn dem Menschen klar wird, dass er jenseits seiner Gedanken und Handlungen, im Kern, unantastbar bleibt, kann es nicht um Sieg oder Niederlage gehen, um Durchsetzen oder Recht haben wollen, es kann dann um kreative gemeinschaftliche Lösungsfindungen gehen. Weil die Diskussionen und Debatten keine persönlichen Wettkämpfe mehr sind. Und klar geworden ist, dass nichts Essentielles verloren gehen kann - auch wenn nicht alles nach unserem Gefallen ausfällt. Die tiefsitzende Angst, seinen Selbstwert zu verlieren, bzw. sich selbst zu verlieren, hat sich aufgelöst.

- Die dritte Perspektive ist diejenige der Sicherheit: Damit diese Ansicht möglich ist, damit das 'ich' sich als Selbst erkennt, als unantbastbare Wesenheit, die aus der Gegenwart frei und unabhängig antworten kann, dafür braucht es Sicherheit. Die Sicherheit, die das Ich und das Nervensystem noch nicht kannten.
Um jemandem, meinem Gesprächspartner diese Sicherheit gewähren zu können - kann ich bloss selbst alle Schutzmechanismen abgebaut haben, damit ich ihm urteilsfrei begegnen kann, ihm soviel Freiheit im Denken und Fühlen lasse - dass er und sein Nervensystem spüren, - hier muss ich mich nicht mehr verteidigen, hier muss ich nicht recht haben müssen, hier muss ich nicht stark sein müssen, hier muss ich mich nicht beweisen, hier muss ich keine Lösungen und Leistungen erbringen - hier muss ich gar nichts. Der gesamte Organismus kann erkennen, dass nichts erfordert wird, und kann langsam aufhören, zu glauben, etwas tun zu müssen.  Jedes müssen ist reaktiv. Und nicht gegenwärtig. Kein müssen, sei es auch noch so wohlmeinend verkleidet, ist frei. Es ist nichts zu tun, um angenommen und gesehen zu sein. Es ist nichts zu tun, um gehört zu sein. Er ist gehört. Vom müssen ins dürfen, und dann ins sein. Ohne Bedingung und Erklärung. Ins bedingungslose Sein.  
Das ist Befreiung aus den alten Rollen. Das Spiel von der Bühne verlagert sich langsam auf den Grund, auf den Boden der Gegenwart zurück. Die Aufmerksamkeit auf die Masken und Rollen, auf die Lautstärke, das Wollen und Müssen, die Anstrengung, sich Gehör zu verschaffen, seine Wünsche durchzusetzen, die verblassen langsam, sie werden schwächer, das Licht auf der Bühne geht langsam aus. Bis wir am Boden der Tatsachen angekommen sind. Und wir in Ruhe miteinander reden können.
Auf der Bühne ging es um das Ich - am Boden geht es um das Wir.

Dieser neue Standpunkt (aus Gegenwart/Wesenskern/Sicherheit) schafft einen Wechsel aus dem Ich zum Wir.
Das Selbst, unser Wesenskern hat sich bewusst entschieden, aus dem 'Wir' heraus zu antworten, statt das kleine 'Ich', das sich selbst beschützen muss und daher aus einer Überlebensnot heraus unbewusst reagiert. Die Bühne lebt vom Unbewussten, der Boden nährt das Bewusste.
Kreative Konfliktlösung erfordert ein bewusstes Denken und Wahrnehmen im Wir, und unkonstruktive Streitigkeiten geschehen aus einem nicht sicheren und ängstlichen Ich.
Wie frei kann ich zuhören - dass wir aus dem 'Ich' in den gemeinsamen 'Wir' Raum eintreten - und der Kreativität freien Lauf lassen, damit sie durch uns hindurch neue Lösungen fliessen lässt.
Die Vergangenheit spielt auf der Bühne und die Kreativität lebt auf dem Grund. Wie gegründet kann ich sein - wenn ich mit einem Menschen spreche. Wie sehr kann ich ihm aus dem Boden der Gegenwart zuhören, ihn als Menschen wahrnehmen, und antworten.
Wenn wir uns selbst - diesem Wesenskern in uns und unserem Gegenüber so still zuhören - dann erfahren wir einen Raum - wo die Kreativität fliesst und Lösungen kommen, die grösser sind als was wir beide alleine hätten erfahren können. Dieser 'Wir' Raum ist die Quelle der Kreativität. Der Zukunft. Der Liebe. 

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Gesundheit ist für mich...

Eine seelisch geistig körperliche Grundstabilität,
in welchem der Körper entspannt ist, 
der Geist klar, 
und die Seele frei.

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© Anja Müller 2025

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